Scheren, bürsten oder ignorieren?
Der Sommer ist da. Und mit ihm das Drama in vielen Haushalten: Hunde, die haaren wie irre, Menschen, die die Bürste verfluchen und irgendwo dazwischen die große Frage:
Muss das Fell ab? Oder darf das bleiben?
Als Hundebesitzer mit einem Pudel und zwei Australian Shepherds bin ich mittendrin. Einer muss zum Friseur, die anderen bringen mir täglich kleine Wollmäuse als Geschenk. Zeit, mal über Fellpflege zu sprechen
Fell ist nicht gleich Fell – Die entscheidenden Unterschiede
Bevor ich mit den ultimativen Pflegetipps loslege, möchte ich erst mal eins klarstellen:
Es gibt nicht die eine Lösung für alle Hunde.
Diese Erkenntnis zieht sich, wie so vieles in der Hundehaltung, wie ein roter Faden durch alle Themen.
Fast jeder Hund (außer z. B. dem Mexikanischen Nackthund oder dem Chinese Crested) hat Fell. Behaart sind fast alle Körperstellen, mit Ausnahme von Nase, After, Vulva und Pfotenballen. Aber: Wie dieses Fell aussieht und wie es sich verhält, hängt stark von der Rasse und Fellstruktur ab.
Welche Aufgabe hat das Fell eines Hundes?
Klar: Fell gibt dem Hund sein rassetypisches Aussehen. Gerade bei Mischlingen lässt sich anhand der Fellstruktur manchmal erahnen, welche Rassen mitgemischt haben, manchmal aber auch überhaupt nicht. Gerade bei Pudelmischlingen (also Doodle in allen Varianten) ist alles möglich, auch innerhalb eines Wurfs.
Doch das Fell ist nicht nur Deko. Es schützt den Hund:
vor Verletzungen (z. B. durch Dornen)
vor Kälte
vor Hitze
vor Nässe
vor UV-Strahlung
und in gewissem Maße auch vor Parasiten
Außerdem spielt es eine wichtige Rolle bei der innerartlichen Kommunikation.
Der Klassiker ist der aufgestellte „Kamm“ am Rücken bei erregten oder drohenden Hunden.
Doch das ist nur die sichtbarste Variante. Viele feinere Signale laufen über das Fell, vorausgesetzt, der Hund hat die entsprechende Fellstruktur.
Ein bisschen Fell-Physiologie gefällig?
In sogenannten Haarbalgtrichtern wachsen mehrere Haare gemeinsam: ein kräftiges Haupthaar plus feine Nebenhaare. Im mittleren Abschnitt sitzt der Haarmuskel, der das Haar aufrichten kann, z.B. bei Erregung oder zur Thermoregulation. Hunde wie der Pudel können das nicht mehr, da ihre Fellstruktur diese Funktion nicht hergibt.
Ebenfalls über das Fell, lässt sich einiges über den Gesundheitszustand eines Hundes erkennen. In der Haut befinden sich Talgdrüsen, die das Haar mit Fett und Mineralstoffen versorgen. Bei einem gesunden Hund ist das Fell glänzend und weich. Ist das Fell hingegen stumpf, glanzlos und schuppig, dann lohnt sich ein genauer Blick auf die Gesundheit Deines Hundes.
Deckhaar und Unterwolle: Der Doppelpack der Natur
Deckhaar
Schauen wir uns den Vorfahr unserer Hunde, den Wolf, an, wird schnell klar, dass die ursprüngliche Struktur des Deckhaares das Stockhaar ist (zu den verschiedenen Haartypen später mehr).
Das Deckhaar bei Hunden ist dicker als die Unterwolle und dieser zahlenmäßig meist unterlegen. Das macht deutlich, dass das Deckhaar weniger dicht ist, als die Unterwolle.
Länge, Struktur, Lebensdauer und Farbe des Deckhaares ist genetisch bestimmt. Bereits der kleine Welpe hat diese Anlagen in sich. Im Laufe eines Hundelebens passt sich das Fell zwar noch an (Unterschied zwischen Welpen- und Erwachsenenfell), aber die Grundlage steht bereits vorgeburtlich fest.
Im Schnitt stirbt ein Deckhaar nach 6 bis 8 Wochen ab und fällt aus. Übrigens egal ob Deckhaar oder Unterwolle: Die Haare fallen i. d. R. nicht büschelweise, sondern einzeln aus. Sollte Dein Hund also irgendwo kahle Stellen haben, dann ist das ein Zeichen, dass etwas nicht in Ordnung ist und Du solltest das unbedingt abklären lassen.
Unterwolle
Die Haare der Unterwolle sind dünner als die des Deckhaares. Im Normalfall ist die Unterwolle auch kürzer. Außer bei Hunden mit einem sogenannten Doppelfell, wie z. B. Husky oder Samojede. Hier sind die Haare von Deckhaar und Unterwolle gleich lang.
Die Unterwolle ist nicht gleichmäßig am Hundekörper verteilt und wächst auch nicht immer. Hunde mit Fellwechsel haben diesen meist im Frühjahr und Herbst (bei intakten Hündinnen auch im Zusammenhang mit ihrem Zyklus). Diesen Fellwechsel bestimmt die Unterwolle.
Habermehl (1996) vergleicht das Fell eines Hundes mit einer luftgefüllten Hülle, die der Thermoregulation eines Hundes dient. Haare, die sich besonders leicht durch den Haarmuskel aufrichten lassen, sind dünn und fein. Durch die Aufrichtung vergrößern sie die lufteinschließende und isolierende Körperoberfläche und haben die größte Wirkung auf die Temperaturegulation. Dies macht deutlich, warum die Unterwolle im Frühjahr abgeworfen und im Herbst wieder aufgebaut wird.
Quelle: Verena Wiese 2009
Die verschiedenen Felltypen und ihre Pflege
Stockhaar:
Wie bereits erwähnt, ist dieser Haartyp der ursprünglichste Typ bei Hunden. Die Rasse schlechthin, die man mit Stockhaar in Verbindung bringt, ist der Deutsche Schäferhund. Es gibt sie in Kurzstockhaar mit einem Deckhaar von ungefähr bis zu 4 cm und kürzerer Unterwolle und als Langstockhaar, wo die Deckhaare ca. 10 cm lang sind.
Pflege: Stockhaarhunde sollten nicht nur gebürstet, sondern auch gekämmt, bzw. gestriegelt, werden. Mit vielen Bürsten kommt man nämlich nur bis zum Deckhaar.
Da sowohl abgestorbenes Deckhaar, als auch die Unterwolle nicht immer von alleine ausfallen, sollte dieses regelmäßig entfernt werden. Es gibt spezielle Kämme für Stockhaarhunde, mit denen man die Unterwolle sehr gut entfernen kann.
Kurzhaar:
Unter Kurzhaar fallen Rassen wie der Labrador, der Boxer, die Französische Bulldogge oder der Dobermann. Das Deckhaar ist hier meist 1 bis 2 cm lang. Kurzhaarhunde gibt es mit viel, wenig oder gar keiner Unterwolle. Unter die letzte Kategorie fallen viele Windhunde. Das macht klar, warum sie im Winter immer einen Mantel tragen sollten.
Pflege: Hier reicht es, abgestorbene Haare mit einer Bürste zu entfernen. Bürsten aus Metall sind hier aber ungeeignet. Hier dürfen die Bürsten weich sein. Oft ist auch ein Gummihandschuh ausreichend.
Rauhaar:
Na wem fällt hier nicht der Rauhaardackel ein? Aber auch der Schnauzer ist eine Rauhaar-Rasse. Das Deckhaar ist hier sehr fest, mittellang und gut wasserabweisend. Das Fell dieser Rassen fühlt sich sehr drahtig an.
Pflege: Da die Unterwolle hier nicht von selber ausfällt, müssen diese Rassen getrimmt werden. Das heißt, die Unterwolle wird rausgezupft. Im Unterschied zum Stockhaar, ist die Unterwolle zwar abgestorben, aber noch fester in der Haut verankert.
Langhaar:
Hier findet man Rassen wie den Australian Shepherd oder Spaniel und Setter. Das Deckhaar ist hier meist irgendwas um 20 cm lang und auch hier findet man, wie beim Kurzhaar, Rassen mit viel, wenig oder gar keiner Unterwolle.
Pflege: Je mehr und vor allem je dichter das Fell ist, desto öfter sollte es gekämmt werden, um Verfilzungen vorzubeugen. Bei Hunden mit viel Unterwolle ist auch hier im Fellwechsel mehr Unterstützung notwendig. Der Markt ist voll mit Bürsten und Kämmen für jede Felllänge und Dicke der Unterwolle.
Wellhaar (Schneiderassen):
Diese Hunde sind etwas speziell und bilden die Gruppe der Schneiderassen. Der typische Vertreter ist natürlich der Pudel. Aber auch der Bolonka ist ein Wellhaar. Hier sind die Haare immer lang und gewellt, bzw. gelockt. Die allermeisten dieser Hunde haben keine Unterwolle. Der Bolonka oder auch der Puli bilden eine Ausnahme.
Pflege: Häufiges Kämmen (vor allem bis zum Ende der Pubertät) beugt Verfilzungen vor. Lockige Hunde sollte man nie „trocken“ bürsten. Am besten geht es nach den Baden oder zumindest mit einem Kämmspray. Andernfalls brechen die Haare und es ist für die Hunde auch sehr unangenehm.
Diese Hunde verlieren kein Fell und das Haar wächst auch zeitlebens weiter. Sie müssen also zwingend geschoren oder geschnitten werden. Dies dient der Gesunderhaltung ist erst im zweiten Schritt auch ein modischer Aspekt.

Hund scheren im Sommer – Ja oder nein?
Diese Frage wird oft ein bisschen emotional diskutiert. Ich möchte es heute einfach mal mit Fakten probieren.
Sinnvoll ist das Scheren bei:
- Schneiderassen, die sonst verfilzen würden
- Individuellen Bedürfnissen, z. B. bei sehr alten oder kranken Hunden und Hunden, die bereits sehr verfilzt sind
Nicht sinnvoll ist das Scheren bei:
- Hunden mit Unterwolle, deren Fellstruktur intakt ist
Was beim Scheren mit den Haaren passiert
Warum ist das so? Diese Hunde wirken nach dem Scheren oft zufrieden, als würden sie sich, Achtung Wortspiel, pudelwohlfühlen. Im ersten Moment tun sie das auch. Meiner Meinung nach liegt das aber weniger daran, dass das Fell nun ab ist, sondern eher an dem Umstand, dass sie vorher nicht so ganz richtig gepflegt wurden.
Schauen wir uns einfach mal an, was beim Scheren mit den Haaren passiert: Wenn man da einmal mit der Maschine drüberbügelt ist halt nichts mehr da. Auch das Deckhaar wird zerstört. Beim Deckhaar kann es passieren, dass es nicht mehr so nachwächst wie vor dem Scheren. Das stellt nicht nur optisch ein Problem dar, sondern beeinträchtigt auch die Funktion des Fells nachhaltig.
Bei der Unterwolle ist es noch gravierender. Wie ich bereits beschrieben habe, ist es genau die Unterwolle, die für die Isolation und damit für die Regulation der Körpertemperatur verantwortlich ist. Wird sie einfach nur abgeschnitten, ist sie am Hautansatz trotzdem noch dicht, kann sich aber nicht mehr so gut aufrichten, da sie einfach zu kurz ist. Damit entfällt der Effekt, dass die Luft besser zirkulieren und damit für Abkühlung sorgen kann. Im Extremfall kann das zu Überhitzung führen. Genau das, was wir durch das Scheren vermeiden wollten, kann somit erst recht auftreten.
Je nachdem wir kurz man die Maschine nun einstellt kann es passieren, dass der Hund einen Sonnenbrand bekommt. Die spielt bei hellen Hunden mit dünnem Fell eine große Rolle.
Was auch immer wieder vorkommt ist, dass durch das Entfernen des Deckhaares und dem Stehenlassen der Unterwolle (nichts anderes passiert beim Scheren), die Unterwolle im Anschluss übermäßig wächst, was dazu führt, dass der Hund evtl. schneller verfilzt.
Fazit: Scheren bei Hunden mit Unterwolle ist nicht die beste Idee, die man so haben kann. Es scheint ein kurzfristiger positiver Effekt einzutreten, der sich bei genauerem Hinsehen aber zu einem großen Nachteil entwickeln kann.
Die richtige Alternative zum Scheren
Aber wie macht man es nun richtig?
Statt scheren heißt es bürsten. Im Fellwechsel zum Sommer hin verlieren die Hunde recht viel Unterwolle. Diese fällt nicht immer einfach aus dem Hund, auch wenn uns unsere Staubsauger etwas anderes sagen. Die Haare bleiben zum Teil im Fell hängen und verursachen dort auch gerne mal Juckreiz. Das merkst Du z. B. daran, dass Dein Hund sich im Fellwechsel vermehrt wälzt. Am Rücken kann er sich halt schlecht kratzen.
Hier kannst Du ihm durch Bürsten und Kämmen gut unterstützen. Du entfernst diese Haare und verschaffst dadurch Linderung. Insgesamt beschleunigt das Bürsten den Fellwechsel auch deutlich. Du regst nämlich die Durchblutung der Haut an, welche dadurch besser mit dem Abstoßen der Haare vorankommt.
Hat Dein Hund extrem viel Unterwolle, dann kann Dir auch ein Hundefriseur weiterhelfen. Diese haben spezielle Pflegeshampoos, mit denen sie Deinen Hund erst baden und dann mit einem speziellen Föhn (einem „Blower“) einen großen Teil der gelösten Wolle einfach herausföhnen. Das ist für viele Hunde die angenehmere Prozedur, da es nicht so ziept. Vorausgesetzt natürlich, sie bekommen bei Wasser und Föhn keine Panikanfälle.
Unterstützung im Fellwechsel durch richtige Ernährung
Du kannst aber noch viel mehr für Dein Fellmonster tun, um ihm den Fellwechsel zu erleichtern. Hier spielt das Futter eine entscheidende Rolle.
Im Fellwechsel kannst Du folgende Nährstoffe ergänzen:
- Bierhefe – sorgt für glänzendes Fell
- Vitamin B – sorgt für einen guten Stoffwechsel, was dazu führen kann, den Fellwechsel zu beschleunigen
- Zink und Vitamin A – sorgen für gesunde Talgdrüsen
- Lachsöl – fördert den Stoffwechsel, sorgt für Glanz im Fell
- Hanföl – wirkt positiv bei Hautproblemen, wie Trockenheit, Schuppen und somit Juckreiz
- Leinöl – wirkt entzündungshemmend und stärkt das Immunsystem
- Hochwertiges Eiweiß im Grundfutter
Welche Bürste ist die Richtige?
Der Markt der Bürsten ist mittlerweile riesig und echt unübersichtlich. Ich selbst besitze gefühlt 20 Bürsten und 10 Kämme. Hier musst Du einfach ausprobieren, was für Euch funktioniert und was eben nicht. Gerade die Aussies brauchen auch unterschiedliche Bürsten. Je nach Stadium des Fellwechsels komme ich mal mit der einen, mal mit der anderen besser zurecht. Ein guter Ansprechpartner ist auch hier ein Groomer (Hundefriseur).
Was ich nicht empfehlen kann: Kämme und Bürsten, die die Haare beschädigen. Diese Teile haben eine Art Klinge verbaut. Hier wird gerade das Deckhaar stakt beschädigt und sieht im Anschluss aus wie „abgefressen“.
Fazit: Nicht jeder Hund braucht die gleiche Pflege
Der Pudel wäre ohne die Schermaschine verloren, die Aussies hingegen brauchen ein ganzes Bürstenarsenal.
Wenn Du Dir nicht sicher bist, was für Deinen Hund das Beste ist, dann frage den Profi. Äh nicht mich, sondern einen Hundefriseur. Der kann Dir mit Rat und Tat zur Seite stehen und Dir im Zweifel auch zeigen, wie Du es richtig machst. Und jetzt: Bürste in die Hand und Wollmäuse jagen.
PS:
Lass Deine Hundefreunde auch gerne wissen, wie sie ihre Hunde gut durch den Fellwechsel und den Sommer bringen.
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Hast Du Fragen zur Fellpflege Deines Hundes? Welche Erfahrungen hast Du mit verschiedenen Pflegemethoden gemacht? Teile Deine Erfahrung gerne in den Kommentaren.
Unterstützung beim Training?
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Fellpflege im Sommer
Das kommt auf den Felltyp an. Hunde mit Unterwolle (z. B. Australian Shepherd, Schäferhund) sollten nicht geschoren, sondern regelmäßig ausgekämmt werden, sonst kann das Fell seine isolierende Funktion verlieren. Schneiderassen wie der Pudel hingegen müssen regelmäßig geschoren werden, da ihr Fell unaufhörlich weiterwächst und sonst verfilzt.
Neben regelmäßigem Bürsten helfen auch Bäder mit speziellem Hundeshampoo, Blower-Föhnen beim Hundefriseur und eine angepasste Ernährung mit Zink, Bierhefe, Omega-3-Ölen und hochwertigem Eiweiß. Das regt die Hautdurchblutung an und fördert das Abwerfen der Unterwolle.
Für Langhaar mit Unterwolle empfehlen sich Unterwollkämme, Striegel und Entfilzungsbürsten (ohne Klinge!). Kurzhaarhunde kommen oft schon mit einem Gummihandschuh aus. Wichtig: Teste verschiedene Tools und beobachte, womit Dein Hund sich wohlfühlt. Und was wirklich bis zur Haut durchkommt.
Das kann problematisch sein: Deckhaar schützt vor UV-Strahlen, Nässe und Verletzungen. Wird es abgeschoren, kann es dauerhaft nicht mehr nachwachsen oder wächst weich und flockig nach. Das beeinträchtigt die Funktion des gesamten Fells und kann langfristig zu Hitzestau, Sonnenbrand oder Verfilzungen führen.
Je nach Felltyp:
Pudel & Doodle: mehrmals pro Woche, bei jungen Hunden sogar täglich
Langhaar mit Unterwolle: im Fellwechsel alle 1–2 Tage. Wichtig ist, dass Du bis zur Haut durchkommst und keine verfilzten Stellen übersiehst.
Kurzhaar: 1–2x pro Woche reicht meist aus
- Alles ohne Unterwolle: Was ist eine Bürste?