Welpenspielstunden – sinnvoll oder einfach nur Hunderammeln auf Rasen?

Du hast einen Welpen. Du willst alles richtig machen. Also googelst Du „Welpenkurs in meiner Nähe“ – und zack, landest Du bei der Welpen-Spielstunde. Klingt süß. Spielstunde! Wer will da nicht hin? Ein bisschen toben, ein bisschen süßer Welpenduft, vielleicht ein netter Plausch mit Gleichgesinnten. Ach und bitte – unbedingt mit Bällebad! Der perfekte Sonntagsausflug für den Hund – oder?

Jein.

Was bringen Welpenspielstunden wirklich?

Die Idee ist eigentlich charmant: Hunde treffen andere Hunde, sammeln Sozialkontakte, lernen Körpersprache – alles superwichtig. Aber hier kommt der kleine Haken:

Sozialkontakt ist nicht gleich Sozialkompetenz.

Nur weil Dein Hund anderen Hunden hallo sagt (oder direkt reinbeißt, schnüffelt, rammelt oder komplett eskaliert), heißt das noch lange nicht, dass das auch gut für ihn ist. Oder für Dich. Oder für Euch als Team. Oder für den armen Dackel, der in der Ecke zittert.

Altersgerecht spielen? Bitte keine Hüpfburg-Katastrophen!

Du würdest ja auch keinen Kindergeburtstag veranstalten, bei dem Dreijährige mit hormonell geladenen Fünfzehnjährigen in einer Hüpfburg eingesperrt werden. (Und wenn doch – wow. Mutig.)
Genauso wenig sollten 8 Wochen alte Chihuahua-Welpen mit 5 Monate alten Labrador-Kloppern um die Wette rennen. Klingt logisch? Ist es auch. Wird aber leider oft nicht beachtet.

Deshalb mein Tipp:
Frag vor der Spielstunde, wer da eigentlich so rumläuft.
Klein und groß trennen, Alter im Blick behalten, Rasseeigenschaften berücksichtigen. Ein Jagdhund ist halt kein Labrador ist kein Mops ist kein Malinois. (Obwohl der Mops es oft nicht weiß.)

Wird das nicht gemacht, lernen die Einen, dass sie unterdrücken können und die Anderen, dass sich andere Hunde einfach scheiße anfühlen, weil man vor ihnen Angst haben muss. 

Muss mein Welpe mit anderen spielen?

Nein. Muss. Er. Nicht. Punkt.

Ich weiß, es ist hart. Man will ja einen gut sozialisierten Hund. Aber „sozialisiert“ heißt nicht „dreimal pro Woche mit 12 fremden Hunden prügeln, bis einer weint“.
Es heißt auch nicht „mein Hund lernt, dass andere Hunde IMMER besser sind als ich“.
Ganz im Gegenteil:

Welpenerziehung bedeutet: Du bist wichtiger als der Rest der Welt – nicht nur schmückendes Beiwerk

Wenn Dein Hund in der Spielstunde mehr Zeit damit verbringt, andere Hunde anzustarren als auf Dich zu achten, dann läuft da was schief.
Erziehung heißt nicht: „Ich halt dich irgendwie fest, während du versuchst, mit jedem zu spielen.“
Erziehung heißt: „Trotz Anwesenheit anderer Hunde bist du bei mir.“

Deshalb:
Eine gute Spielstunde ist wie ein gutes Konzert – gut moderiert, nicht zu voll, klar strukturiert.
Es wird beobachtet, eingegriffen, erklärt. Kein „ach, das regeln die schon unter sich“. Nein. Das ist kein Hundeknast, das ist Lernzeit. Und: Mobbing ist kein Spiel. Auch nicht bei Hunden.

Fun fact: Hunde, die nicht in einer Gemeinschaft zusammenleben regeln gar nichts unter sich. Warum auch? Dazu besteht gar keine Notwendigkeit, schließlich sehen sie sich ja nie wieder. Diskutierst Du mit dem Menschen vor oder hinter Dir an der Supermarktkasse ständig, wer von Euch jetzt gerade der Tollste in der Schlange ist? Ich denke nicht. Also hoffentlich. 

Warum ich selbst keine Welpenspielstunden anbiete

Jetzt mal Butter bei die Fische:
Ich werde oft gefragt, warum ich selbst keine Spielstunden anbiete – und nein, das liegt nicht daran, dass ich Welpen doof finde (im Gegenteil, ich liebe die kleinen Knallfrösche sehr).
Es gibt drei ganz praktische Gründe:

  1. Ich habe kleine, exklusive Gruppen
    Bei mir gibts keine Massenabfertigung. Dafür ist es aber schlicht nicht möglich, alters- und größenmäßig passende Spielgruppen zu bilden – und einfach alle zusammenwürfeln? Das überlass ich lieber anderen.

  2. Ich habe keinen eigenen, eingezäunten Hundeplatz
    Ich arbeite mobil und draußen. Und draußen einfach mal Welpen frei laufen lassen, während wir alle beten, dass sie nicht die nächste Bundesstraße erkunden – nope. Das ist mir zu riskant. Sicherheit geht vor.

  3. Ich halte kontrollierte Sozialkontakte mit erwachsenen, gut sozialisierten Hunden für sinnvoller
    Denn da lernen Welpen echte Sozialkompetenz. Nicht wildes Raufen mit Gleichaltrigen, sondern Grenzen, Höflichkeit und Körpersprache. Und mal ehrlich: Ein souveräner Althund als Lehrer ist Gold wert. Da kann der Trainer noch so gut sein – den gleichen Lerneffekt kann er niemals erreichen. 

Fazit (und jetzt wirds kurz mal ernst): Welpenspielstunden – mit Köpfchen, nicht nur mit Chaos

Welpenspielstunden können sinnvoll sein –
…wenn sie gut gemacht sind,
…wenn sie gut angeleitet werden,
…wenn sie nicht ausufern,
…wenn Dein Hund dort mehr lernt als nur „andere Hunde sind geil“.

Aber wenn Du bei der Spielstunde nur denkst:
„Toll, jetzt ist mein Hund wieder völlig drüber, hört auf nix mehr und hat nebenbei gelernt, dass ich völlig egal bin“ –
dann: raus da!

Und Du so?

Warst Du schon mal in so einer Chaostruppe?
Oder hast Du einen kleinen Sozialprofi, der Dir inzwischen auf den Spaziergängen jeden Hund als potenziellen Freund (oder Feind) vorstellt?

Erzähl mal – ich bin gespannt auf Deine Geschichten.
Und hey: Wenn Du eine Trainerin suchst, die Wert auf echte Beziehung statt Dauerbespaßung legt – Du weißt, wo Du mich findest.

Ich habe allerdings kein Bällebad. Sorry, not sorry! Warum braucht man ein Bällebad? Ich habe seit 1997 Hunde, mir ist noch nie ein Bällebad unterwegs begegnet. Okay, vielleicht wohne ich falsch und bei Dir ist das anders. Dann will ich nichts gesagt haben.