Dein Hund ist im Freilauf, hebt den Kopf und sieht seinen Kumpel. Du siehst Deinen Hund, hebst den Kopf, scannst die Umgebung und siehst Deinen Hund zu seinem Kumpel rennen. Jetzt noch rufen? Nope, zu spät. Schon wieder warst Du zu langsam, Dein Timing gleicht dem einer Schnecke. Kennen wir alle!
Gutes Hundetraining besteht eben nicht nur aus Kommandos und Belohnungen, sondern viel mehr aus den richtigen Momenten. Und die sind leider oft verdammt kurz.
Was bedeutet Timing im Hundetraining?
Ein Hund lernt durch Verknüpfungen. Das heißt, was er im Moment seines Handels erlebt speichert er ab. Das, was 3 Sekunden später passiert ist schon wieder uninteressant. Genau hier trennt sich oft ein erfolgreiches Training vom frustrierenden Nachbessern. Du kannst die perfekte Übung im Kopf haben und die besten Leckerchen dabei haben. Wenn Dein Timing nicht stimmt, dann wird Dein Hund wenig Chancen haben genau das zu verknüpfen was Du ihm eigentlich beibringen möchtest.
Warum Du oft zu spät reagierst und was Dein Hund daraus lernt
Vielleicht kennst Du die ein oder andere Situation:
- Du siehst, wie Dein Hund etwas fixiert, aber Du rufst ihn erst, wenn er bereits losgelaufen ist.
- Du merkst, dass sich Dein Hund anspannt wenn Euch ein Hund entgegenkommt, aber Du wartest ab, ob es vielleicht heute doch klappt und Dein Hund nicht anfängt zu pöbeln.
- Du hast Deinen Hund irgendwo abgelegt und er löst seine Platzzuweisung selbständig auf und Du denkst Dir, „ich wollte ja eh gerade auflösen, da ist es ja okay wenn er kommt“.
- Du weißt, dass Dein Hund gleich in das Dreckloch springt, aber Du schlägst erst die Hände über dem Kopf zusammen, wenn er schon aussieht wie ein kleines Erdferkel.
Die Folgen von schlechtem Timing
Dein Hund lernt in jeder dieser Situationen aber, dass das, was Du möchtest im besten Falle optional ist, oder wahlweise, dass es wohl okay war, denn Du hast es kommentarlos durchgehen lassen.
Das ist absolut kein Vorwurf. Wer frei von Fehlern ist, werfe den ersten Stein. Mir passiert das auch immer mal wieder, nur bin ich mir sehr schnell bewusst, dass ich mal wieder die Situation verpennt habe und gebe meinen Hunden insgeheim Recht. Das würde ich aber niiiiiiieeeemals zugeben. Dummerweise ist das aber der Grund, warum sich Verhalten nicht bessert, obwohl Du fleißig trainierst.
So verbessert Du Dein Timing im Alltag mit Hund
Beobachte Deinen Hund und greife im richtigen Moment ein
Timing im Hundetraining beginnt bei der Beobachtung und nicht erst bei dem Signal, was Du danach gibst.
Keiner von uns kann hellsehen und nicht alles kann vorhergesehen werden. Aber lerne Deinen Hund zu lesen. Achte z. B. auf
- Körperspannung
- Ohrenstellung
- Aufrichtung
- Fixieren
- Gedankliches Abdriften Deines Hundes.
Je besser Du Deinen Hund lesen kannst, je früher kannst du reagieren (nicht mehr nur agieren) und desto fairer und erfolgreicher wird Dein Training.
Reagiere bevor es kippt
Der ideale Zeitpunkt zum Eingreifen ist nicht dann, wenn Dein Hund bereits unerwünschtes Verhalten, wie z. B. Anspringen von Mensen, Bellen, Jagen oder einfach nur Blödsinn zeigt, sondern bevor er es tut.
- Bevor er den Menschen überhaupt erreicht hat
- Bevor er einen Ton von sich gibt
- Bevor er dem Hasen hinterherrennt
- Bevor er in die die Leine ballert und sich aufregt
Training, das im entscheidenden Moment stattfindet fühlt sich leise und unspektakulär an. Aber es wirkt nachhaltig.
Warum gutes Timing manchmal bedeutet, nichts zu tun
Jetzt kommt der Teil, an dem es eventuell kompliziert wird. Du bis nicht immer zu spät. Manchmal bist Du einfach auch viel zu früh.
In der heutigen Hundeerziehung neigen viele Menschen dazu, einem Hund jede Form von freier Entscheidung und somit Selbstwirksamkeit abzunehmen. Auch viele Trainer arbeiten nach diesem Prinzip, so dass das heute oft gelehrt wird und ich den Menschen nicht mal wirklich „einen Vorwurf“ machen kann. Sie wissen es schlicht nicht besser.
Selbstwirksamkeit im Hundetraining
Manchmal ist es das Schwerste, nichts zu tun. Gerade wenn Du versuchst, Fehler zu vermeiden oder alles perfekt zu machen. Aber Hunde brauchen manchmal die Möglichkeit, selbst zu denken, selbst zu entscheiden und selbst zu scheitern.
Beispiel 1: Der schnüffelnde Hund
Ein Paradebeispiel ist die Situation, dass ein Hund im Freilauf zurückbleibt und sich irgendwo festschnüffelt. Ganz oft passiert es nun, dass der Mensch in irgendeiner Form darauf reagiert. Je nach Ausbildungsstand wird der Hund gerufen oder man bleibt stehen und wartet, bis sich das Tierchen bequemt wieder aufzuschließen. Im Extremfall geht man zurück, lockt den Hund mit Wursti weiter und „nervt“ einfach rum.
Hier finde ich es besser, den Hund lernen zu lassen, dass sein Handeln Konsequenzen für ihn haben kann. Statt jetzt wie ein Leuchtturm ständig die eigene Position durchzugeben, kann man einfach mal weiterlaufen. Wenn man „gemein“ ist, sogar abbiegen. Was lernt der Hund dabei? „Wenn ich nicht aufpasse, wo mein Mensch hingeht, dann verpasse ich den Anschluss und stehe am Ende allein auf weiter Flur“. Im wahrsten Sinne des Wortes. Das nennt man Selbstwirksamkeit.
Ich denke, ich muss nicht erwähnen, dass Du sowas bitte in einem überschaubaren Gelände machst, wo dem Hund nichts weiter passieren kann.
Beispiel 2: Der verunsicherte Hund
Der Hund findet irgendwas „gruselig“ oder gerade in seinen eigenen Augen unangenehm. Was macht der Mensch? Er springt sofort helfend zu Seite, tröstet und beruhigt den Hund. Natürlich wird alles Unangenehme auch sofort vom Hund entfernt.
Dabei wäre das eine gute Möglichkeit ihn die Erfahrung machen zu lassen, dass die Welt kein Ponyhof ist und es Dinge gibt, mit denen er durchaus „alleine klarkommen“ kann. Damit meine ich nicht, dass man den Hund völlig ignoriert. Natürlich darfst Du ihn unterstützen und da sein, aber Du sollst ihn nicht in Watte packen und ihn „vor allem Übel“ beschützen.
Ein Hund, gerade wenn er erwachsen ist, ist nicht wie ein menschliches Kleinkind. Man kann ihm durchaus die Fähigkeit zugestehen, dass er in einem gewissen Umfang für sich selbst verantwortlich ist. Die können das und sie möchten das auch. Denn so fühlen sie sich ernst genommen.
Vertrauen bedeutet Zutrauen
Konsequenzen müssen also nicht immer von Dir kommen. Manchmal reicht die Realität. Vertrauen ist nicht nur „ich helfe Dir“. Vertrauen ist viel mehr „ich traue Dir das zu“!
So lernst Du die richtigen Momente zu erkennen
Die Fähigkeit Deinen Hund zu lesen oder Situationen richtig einzuschätzen, die erreichst Du nicht über Nacht. Das ist übrigens für mich als Trainer auch der Teil, den ich meinen Kursteilnehmern am wenigsten oder sagen wir, am langsamsten, weitergeben kann. Denn hier spielt einfach Erfahrung eine große Rolle.
Und obwohl Situationen vielleicht auf den ersten Blick ähnlich erscheinen, sind sie doch ganz anders. Hier kommt dann oft der Einwand „ja, aber letzte Woche hast Du gesagt……“ Ja stimmt, habe ich. Aber die Umstände haben sich eben geändert. Und ja, ich kann die Fragezeichen auf den Gesichtern sehr gut verstehen. Ich bin auch nicht mit meinen heutigen Fähigkeiten auf die Welt gekommen, sondern tue seit 28 Jahren nichts anderes, als von Hunden zu lernen.
Praktische Tipps für besseres Timing
Du kannst das auch. Konzentriere Dich immer wieder darauf:
- Bewusst zu beobachten
- Deinen Hund zu spüren
- Situationen zu beurteilen
- Dich schnell zu entscheiden
Der letzte Punkt ist extrem wichtig. Treff schnell eine Entscheidung, zerdenke nicht erst alle Optionen. Ja, Du wirst falsche Entscheidungen treffen. Das passiert den Besten. Aber Du wirst mit der Zeit immer schneller und immer öfter die richtige Entscheidung treffen.
Praktische Übung zur Reaktionsschnelligkeit
Eine Übung, die ich gerne mit den Teilnehmern meiner Cklickerkurse mache .ist Folgende:
- Nimm einen Clicker oder ähnliches in die eine und einen Ball in die andere Hand
- Lasse den Ball auf den Boden prallen und fange ihn wieder auf
- Drücke immer genau dann auf den Clicker, wenn der Ball den Boden berührt
- Drücke immer genau dann auf den Clicker, wenn der Ball Deine Hand verlässt
- Filme das Ganze und schau Dir danach an, wann Deine Clicks tatsächlich kamen
- Als Abwandlung: mache das Ganze, wenn jemand anderes den Ball auf den Boden oder gegen eine Wand wirft und wieder fängt
Fazit: Timing im Hundetraining ist keine Technik, sondern ein Gefühl!
Es geht nicht darum jedes Verhalten mit einer Stoppuhr zu unterbrechen. Es geht nicht darum, ein programmierbares Skript zu erstellen. Es geht vielmehr darum im richtigen Moment anwesend zu sein.
Manchmal heißt das:
- Früh reagieren – Währe den Anfängen
- Nichts zu tun – Hilf dir selber und spüre, was DEIN Verhalten für DICH bedeutet
Immer aber heißt das:
- Den Hund zu sehen. Echt, wertschätzend und erwachsen.
Das Geheimnis guten Timings
Je besser Dein Timing wird, desto mehr wirst Du spüren: Gutes Timing im Hundetraining fühlt sich nicht an wie Kontrolle, gutes Timing fühlt sich an wie eine echte Verbindung!
PS:
Wenn du jemanden kennst, der im Alltag mit seinem Hund auch ständig „zwei Sekunden zu spät“ dran ist, dann schick ihm diesen Artikel weiter.
✨ Teilen kostet nichts, bringt aber oft den Impuls, den es braucht.
✍️ Hast du schon mal erlebt, dass du zu früh oder zu spät reagiert hast – und es später bereut hast?
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Gutes Timing im Hundetraining
1. Wie schnell muss ich beim Hundetraining reagieren?
Du hast nur etwa 3 Sekunden Zeit, um auf das Verhalten Deines Hundes zu reagieren. Alles was danach passiert, kann Dein Hund nicht mehr mit seinem ursprünglichen Verhalten verknüpfen. Das bedeutet: Belohnungen, Korrekturen oder Kommandos müssen sofort erfolgen, um effektiv zu sein. Je schneller Du reagierst, desto klarer wird die Lernverknüpfung für Deinen Hund.
2. Was sind die häufigsten Timing-Fehler beim Hundetraining?
Die drei häufigsten Timing-Fehler sind:
- Zu späte Reaktion: Du rufst Deinen Hund erst, wenn er bereits wegläuft
- Zu frühe Einmischung: Du hilfst Deinem Hund, bevor er selbst eine Lösung finden kann
- Falsches Timing bei Belohnungen: Du belohnst das falsche Verhalten, weil Du zu spät reagierst
Diese Fehler führen dazu, dass Dein Hund verwirrt wird und das Training weniger effektiv ist.
3. Wie kann ich lernen, meinen Hund besser zu lesen?
Achte auf diese Körpersignale Deines Hundes:
- Körperspannung: Angespannte Muskeln deuten auf Aufregung oder Stress hin
- Ohrenstellung: Aufgerichtete Ohren zeigen Aufmerksamkeit an
- Blickrichtung: Wohin schaut Dein Hund? Was fixiert er?
- Atmung: Verändert sich die Atemfrequenz?
Je mehr Du diese Signale beobachtest, desto besser wirst Du vorhersagen können, was Dein Hund als nächstes tun wird.
4. Soll ich immer sofort eingreifen, wenn mein Hund etwas Falsches macht?
Nein, nicht immer. Manchmal ist es besser, Deinem Hund zu erlauben, aus natürlichen Konsequenzen zu lernen. Wenn Dein Hund beispielsweise beim Spaziergang zurückbleibt und schnüffelt, kann es effektiver sein, weiterzugehen, anstatt ihn zu rufen. So lernt er selbständig, dass er aufpassen muss, wo Du hingehst. Wichtig ist, dass die Situation sicher ist und Dein Hund keinen Schaden nehmen kann.
5. Wie kann ich meine Reaktionsgeschwindigkeit beim Hundetraining verbessern?
- Nimm einen Clicker in eine Hand und einen Ball in die andere
- Lasse den Ball fallen und versuche genau dann zu clicken, wenn er den Boden berührt
- Filme Dich dabei und überprüfe, ob Dein Timing stimmt
- Wiederhole die Übung regelmäßig
Diese Übung trainiert Deine Reaktionsgeschwindigkeit und hilft Dir, im echten Training schneller zu reagieren. Mit der Zeit entwickelst Du ein besseres Gefühl für den richtigen Moment.