Huiuiui! Wenn Du Dich hier so durch den Blog liest, könntest Du zu dem Schluss kommen, ich hätte die Weisheit mit Löffeln gefressen und hier läuft immer alles wie im Bilderbuch.
Ähm… lass mich kurz überlegen… nein!
Perfekt? Eher perfekt unperfekt!
Okay, das mit den Löffeln stimmt. Aber es sind eher Teelöffel als Suppenkellen. Die Teelöffel mit den Erhebungen in der Mitte, damit man weniger Zucker verwendet. Ja, ich habe massenhaft theoretisches Wissen, trotzdem weiß ich, was ich nicht weiß!
Nein, das mit dem „perfekt“ stimmt nicht. Schon gar nicht immer.
Auch Hundetrainer haben Zeitprobleme
Ich bin auch nur ein Mensch und meine Hunde sind auch nur Hunde. Nur weil ich Hundetrainerin bin, heißt das nicht, dass hier alles glattläuft. Ich weiß vielleicht mehr und kann an Dingen anders arbeiten als Du. Aber hey, ich müsste es dann halt auch tun.
Ich habe meine Hundeschule, einen Hauptjob und aktuell drei Hunde (nächstes Jahr hoffentlich vier). Somit habe ich eigentlich dauernd ein Zeitproblem.
Je nach Jahreszeit oder eigener Verfassung heißt das unterm Strich, dass ich nichts mehr richtig auf die Kette bringe. Da Beruf und Business irgendwie immer laufen müssen, sind es ganz oft meine eigenen Hunde, die hinten runterfallen.
Das schlechte Gewissen kennt jeder
Weißt Du, wie oft ich ihnen gegenüber ein schlechtes Gewissen habe? Weil der Spaziergang mal wieder schnell zwischen 2 Terminen stattfindet oder gar ganz ausfällt. Oder weil ich eigentlich etwas zur Beschäftigung mit ihnen tun wollte, aber einfach nicht dazugekommen bin. Weil sie als Trainerhunde manchmal eigentlich unfaire Leistungen erbringen müssen.
Ich weiß also ganz genau, wie es Dir geht, wenn Du hier zwar die Artikel liest, hochmotiviert das Handy weglegst, um Dinge mit Deinem Hund zu üben und nach 2 Tagen alles wieder verpufft ist, weil einfach mal wieder keine Zeit war.
Ich habe mir schon so oft vorgenommen getrennt mit den Hunden Gassi zu gehen, damit sie auch mal mit sich selber klarkommen müssen und nicht immer das Rudel als Background dabei haben. Gerade der kleinen Zazu würde das sehr gut tun. Ja, in 95% der Fälle bleibt es dann auch bei dem Vorhaben. Und ja, da ärger ich mich sehr über mich selber.
Meine persönliche Dauerbaustelle: Die Terrassentür
Jeder hat diese eine Stelle, an der er scheitert. Meine: die Terrassentür.
Die Hunde rennen hier raus, als wenn ich sie sonst den ganzen Tag im Keller einsperre und sie seit 3 Wochen kein Tageslicht mehr gesehen hätten.
Egal, ob ich vor der Tür rumhüpfe wie Rumpelstilzchen, ob es mir einfach sch…egal ist, ob die da rauskacheln oder nicht oder ob ich es mit pädagogisch wertvollen Erziehungsmaßnahmen versuche. Langfristig hat sich hier noch nie was geändert.
Im Grunde habe ich es aufgegeben, das ändern zu wollen. Julia und Andi von der Tierphysio Feist werden es schon wieder richten. (Unbezahlte Werbung. Absolute Herzensempfehlung!) Trotzdem bekomme ich immer mal wieder einen „Konsequenzanfall“. Erfolgsquote: überschaubar.
Ganz ehrlich? Manchmal habe ich das Gefühl, die lieben Tiere lachen mich dabei aus. Frei nach dem Motto: „Ach, die Olle hat wieder ihre Phase. Einfach aussitzen, das vergeht!“ Kennst Du diesen einen Blick Deines Hundes, der genau das auszusagen scheint, auch?
Konsequent? Bin ich! Konsequent inkonsequent!
Hier sind wir auch schon beim nächsten Thema: Die liebe Konsequenz. Also, nun gut. Die Queen dieser Disziplin bin ich jetzt nicht.
Während ich in einem Junghundekurs so über Konsequenz philosophiere, fährt in meinem Kopf ein Feuerwehrauto blau Karussell. Das kleine Teufelchen auf meiner Schulter grinst schelmisch und flüstert mir ins Ohr: „Ja ja, Sandra, Wasser predigen und Wein saufen. Ganz mein Humor!“ Ich komm mir da echt leichtsam schizophren vor. Meine Ausrede? Ich bin konsequent inkonsequent. Na also, geht doch!
Nein, im Ernst jetzt. Bei echt wichtigen Regeln bin ich schon konsequent. Aber das sind ja nicht viele hier bei uns. Viel mehr haben wir so Dinge wie z. B. das ordentliche neben mir laufen in allerlei Begegnungen oder an der Leine. Ich geb’s zu, es ist mir ganz oft viel zu anstrengend, hier konsequent auf den festgelegten Abstand zu achten oder ob sich die Hunde danach selber auflösen. Da latsche ich dann so übers Feld, der Fahrradfahrer ist vorbei, ich will meine Hunde auflösen und sehe dann, die sind schon 50 Meter weiter. Ja wurscht, jetzt ist es auch schon zu spät.
Kleiner Trost für mich: Ich weiß, dass ich all diese Dinge von meinen Hunden einfordern könnte, wenn ich wollte. Sie haben das schließlich alle mal „in Schön“ gelernt. Und zwar konsequent!
Das beruhigt dann auch das Feuerwehrauto in meinem Kopf wieder. Das Engelchen auf der anderen Schulter lächelt süffisant und flüstert mir ins Ohr: „Passt schon, Sandra, wenn es nötig ist, dann kannst du das mit der Konsequenz ja. Also, lass die Teilnehmer von deinen guten Phasen lernen. Das bisschen Bequemlichkeit sei dir gegönnt!“
Piep, piep, piep, wir ham uns alle lieb. Meistens!
Und jetzt verrate ich Dir noch ein ganz großes Geheimnis:
Ja, mich nerven meine Hunde auch öfter mal. Was ich hasse, ist ihre innere Uhr. Wenn sie mir sagen wollen, dass jetzt Zeit zum Spazierengehen oder fürs Futter ist. Himmel, weitere 3 Individuen, die was vom mir wollen. Und dabei gibt es gar keine festen Futter- und Gassizeiten. Also nicht bei mir. Bei meinem Mann sind sie da erfolgreicher.
Was mich zur Weißglut bringt, ist wenn ich Dinge 3x sagen muss und schon beim 1. und 2. Mal das Gefühl hatte, dass sie mal wieder in der Testphase sind und hinterfragen, ob Regeln wirklich noch gelten. Bei 3 Hunden ist immer einer in dieser Phase. Da könnt ich ihnen manchmal echt den Koffer vor die Tür stellen. Also kurzzeitig.
Ich finde, es ist legitim, auch mal so zu fühlen. Nur weil es unsere Hunde sind, müssen wir die ja nicht 24/7 glückselig anstrahlen. Vor allem nicht, wenn sie nur noch bunte Knete im Kopf haben. Wollte ich jetzt nur gesagt haben, falls der Eindruck bestehen sollte, dass ich trotz aller positiven Herangehensweise nicht auch mal negativ auf meine Hunde reagiere.
Reibung gehört zu einer guten Beziehung dazu
Das Zusammenleben hier ist wahrscheinlich genauso wenig immer eitel Sonnenschein wie bei Dir und Deinem Hund. Gut so. Zu einer guten Beziehung gehören nun mal auch Reibung und Diskussionen. Solange man es immer wieder auf die Reihe bekommt und sich wieder lieb hat, solange ist in meinen Augen alles gut.
Ich habe meine Hunde ja hin und wieder auch im Training dabei und ich höre so oft: „Oh, es ist so beruhigend, dass auch du mal was zwei Mal sagen musst“ oder „Ach wie schön, bei dir funktioniert ja auch nicht immer alles“. Liebe Leute, was denkt ihr von mir?
Fazit: Nimms locker, niemand ist immer „on point“!
Ich bin ein Mensch mit Stärken und Schwächen. Meine Hunde sind Hunde, keine Roboter und das Leben hier ist nicht gnädiger als Deins. Wir sind hier nicht perfekt. Eher perfekt unperfekt!
Ich kann all die Gefühle nachempfinden, die Du im Training hast. Ich weiß, wie es ist, einen Blog oder ein Buch zu lesen und zu der Erkenntnis zu kommen: „Ähm ja, weiß ich eigentlich. Aber ich sollte es dann halt auch mal tun.“
Ich bin mir sowohl meiner Stärken als auch meiner Schwächen bewusst. Und ich weiß, dass ich nicht alles richtig mache oder einfach auch aus Bequemlichkeit halt dann auch gar nicht. Allerdings gebe ich aber am Ende nicht den Hunden die Schuld. Wenn’s nicht funktioniert, dann muss ich mir schon selber in den Hintern beißen. Schließlich hätte ich es ja einfach richtig machen können.
Du siehst, es ist nicht alles Gold, was glänzt, und nur weil ich hier jede Woche blogge und meine geistigen Ergüsse mit Dir teile, bin ich nicht perfekt und schon gar nicht allwissend.
Ein bisschen Selbstoptimierung betreibe ich natürlich schon. Ich möchte mich ja nicht ständig auf meine Ausreden verlassen und bin daher auch immer dankbar, wenn ich gute Anregungen bei Kollegen entdecke und arbeite durchaus an Dingen, die mir wichtig sind. Darum geht es mir heute aber gar nicht. Mir ist wichtig, dass Du weißt, dass hier kein abgehobener Nerd schreibt, sondern ein ganz normaler Mensch. Ich hoffe, es ist mir gelungen!
Nächste Woche geht es wieder mit Wissen weiter! Wenn Du einen Themenwunsch hast, den ich hier behandeln soll, dann schreib mir unbedingt. Wenn ich dazu eine Meinung habe, dann werde ich sie hier veröffentlichen.